Allgemeine, statistische und geschichtliche Informationen über Gorma
Gorma zu Herzogs Zeiten (1200-1923)
Gorma, in Altenburger Mundart „Gorme“, ist der größte der zu Rositz gehörenden Orte und war dem Hauptort in Fläche und Einwohnerzahl mindestens ebenbürtig. In der Kirchengalerie des Herzogtums Sachsen-Altenburg 1840-1849 steht geschrieben: „Gorma, in Urkunden Garmar, Gärmar, Gärmer, 1 ¼ Stunde nordwestlich von Altenburg und Rositz sehr nahe“. Der Siedlungskern befindet sich nordöstlich am südlich gelegenen Unterhang eines kleinen Nebentälchens des Erlenbaches, in 185-200 m Höhenlage. In einem alten Wanderbuch wird der Erlenbach als kleines Wässerlein beschrieben, der seinen Namen von dem reichen Erlenbestand hat und dessen Quell bei Altpoderschau entspringt.
Durch zahlreiche Funde im Tagebau Germania (heute bepflanzte Aschehalde und Gartenanlage „Glück Auf“), wovon einige im Altenburger Schlossmuseum aufbewahrt werden, ist nachgewiesen, dass die Gormaer Flur schon vor rund 5000 Jahren besiedelt war. Seinen Namen erhielt das Dorf von den Sachsen, die im 9. Jahrhundert die Slawen aus Mitteldeutschland verdrängten. So wurde zu dieser Zeit aus dem Dorf Garmar das Dorf Gormar, abgeleitet von der sächsischen Bezeichnung für einen deutschen Helden, den Geormen. Woraus der Volksmund über die Jahrhunderte die heute gültige Bezeichnung Gorma bildete. Die erste urkundliche Erwähnung ist mit Rositz identisch. Auch Gorma gehörte zu den 184 Ortschaften und Wüstungen (Orte, die nicht mehr bestehen), die in der Urkunde des Zehntverzeichnisses des Klosters Bosau 1181 erstmals erwähnt wurden.
Im Jahr 1445 bestand das Dorf aus 12 Höfen – für den größten Teil der Bewohner war der Lehnsherr der Burggraf von Starkenberg. Ihm waren sie zu absoluter Treue, Gehorsam und Diensten (z. B. Waffendienst) verpflichtet. Im Jahr 1536 erhielt Gorma die erste Dorfordnung. Sie gilt als älteste unter den benachbarten Altgemeinden. Für die wachsende Gemeinde, in der mittlerweile 190 Einwohner in 26 Wohnstätten lebten, reichte die Dorfordnung nicht mehr aus. Im Jahr 1556, nach nur 20 Jahren, wurde Gorma eine neue Ordnung verliehen. Diese enthielt erheblich mehr Auflagen, zu deren Erfüllung die Dorfbewohner verpflichtet waren.
Unter anderem hatte jeder, der zu Hause war, zu erscheinen oder bei Abwesenheit seinen besten Boten zu schicken, wenn der Dorfrichter für Entscheidungen oder Mitteilungen eine Zusammenkunft einberief. Das Bauerndorf Gorma umfasste eine Flurfläche von 270 ha. Den größten Teil dieser fruchtbaren Lössböden teilten sich 17 Bauern untereinander auf. Einige dieser Drei- und Vierseitgehöfte, die wir heute noch vorfinden, wurden schon im 18. Jahrhundert errichtet. Obwohl ab dem Jahr 1836 in der Gormaer Flur mehrere Braunkohlelager entdeckt und auch gangbar gemacht wurden, blieb Gorma vorerst auch weiterhin ein Bauerndorf.
Dies änderte sich erst nach dem deutsch-französischen Krieg im Jahr 1871. Nun schossen die Gruben sprichwörtlich wie Pilze aus dem Boden, so dass im Jahr 1878 bereits mehr als 100 Gruben Rohkohle förderten, die in fünf Brikettfabriken verarbeitet wurde. Auf Gormaer Flur förderten die Gruben Nummer 16 und 18, die sich beide im Besitz des Meuselwitzer Bergbaupioniers Christian Kluge befanden, der hier auch die ersten Förderanlagen errichtete. Die Grube Nr. 16 „Vereinsglück“ sorgte im Jahr 1873 für Furore.
Bereits unter dem neuen Namen „Braunkohlen Abbaugesellschaft Germania“ wurde hier die erste Brikettpresse im gesamten Revier aufgestellt. Von der stetig wachsenden Bergbauindustrie blieb auch Gorma nicht unberührt, immer mehr Menschen verschlug es in das „kleine verschlafene Bauerndorf“, in welchem im Jahr 1864 284 Einwohner lebten. Mit den Zugewanderten wuchs die Einwohnerzahl auf 1552 im Jahr 1910. Diese Zahlen verdeutlichen einen sprunghaften Anstieg in nur wenigen Jahren.
Dessen Folge war unter anderem auch ein gestärktes und mit der Einwohnerzahl gewachsenes Handwerk. In Gorma gab es zwei Fleischer, zwei Bäcker, mehrere Schneider und Schuhmacher. In der heutigen Hohen Straße Nr. 9 befand sich die Schmiede. Jedoch wäre es müßig, auf all die Handwerker, Gewerbetreibenden und deren Veränderungen in den Jahren einzugehen, denn Gorma war reich gesegnet mit den verschiedensten Zünften. Doch einer sollte nicht unerwähnt bleiben. Derjenige, der als Nachtwächter durch die Gormaer Gassen und Straßen zog und für Ruhe und Ordnung sorgte. Er war mit einer Stangenwaffe, einem Horn und einer Laterne ausgerüstet und warnte die schlafenden Bürger vor Feuer und Dieben.
Das 19. und das beginnende 20. Jahrhundert galt als Blütezeit der Gasthöfe auch im Altenburger Land. Sie bildeten einen festen Bestandteil des sozialen Lebens der Einwohnerschaft und waren Versammlungs- und Kommunikationsort eines jeden Dorfes. Nach erfolgreichen Geschäften an Markttagen in den Städten oder an Fest- und Feiertagen kehrten die Bauern standesgemäß ein. Aber auch die einfachen Bergleute zog es in die Gastwirtschaften. Nach der harten Arbeit in den Stollen suchten sie Entspannungs- und Gesprächsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu den umliegenden Dörfern hatte Gorma über Jahrzehnte keinen eigenen Gasthof. Dies lag wohl am fehlenden Interesse der Einwohnerschaft.
Erst um das Jahr 1880 eröffnete Julius Hermann seinen neuen Gasthof mit schöner Lage am Dorfteich (heute Gerstenberger Straße Nr. 1). Ab dem Jahr 1897 nannte man diesen nur noch „Hannßens“, nach dem neuen Eigentümer Arnold Hannß. Die neue Restauration Seupel wurde im Jahr 1910 auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches errichtet (ehemalige Schulstraße Nr. 1). Es war ein sehr schöner und moderner Neubau. Zur Restauration gehörten neben der Gaststube ein Saal, eine Veranda mit Garten, Gästezimmer und eine Kegelstube im Kellergeschoss. Der Eigentümer Albin Seupel war ein erfahrener Gastwirt. Bereits im Jahr 1895 betrieb er ein kleines Wirtshaus im heutigen Südviertel Nr. 8. Eine weitere bekannte Gormaer Gastwirtschaft bezeichnete der Volksmund als „Totenschenke“ (ehemals Schulstraße Nr. 33), die ihren Namen auf Grund des angrenzenden Friedhofes erhielt. Die „Totenschenke wurde im Jahre 2003 abgerissen.
Die Gasthöfe waren das Domizil der Gormaer Vereine. Die neue Restauration Seupel hatte eigens dafür ein Vereinszimmer eingerichtet. Neben dem Konsumverein hatte auch der Knappschaftsverein Rositz seinen Sitz in Gorma. Der am 11.8.1895 gegründete Verein hatte sich zur Aufgabe gemacht, die bergmännischen Sitten und Gebräuche zu pflegen und bedürftige Kameraden und deren Hinterbliebene zu unterstützen. Der erste eingetragene Verein war allerdings der Turnverein zu Gorma. Dieser wurde am 15. Oktober 1884 gegründet und war der erste Sportverein aller Altgemeinden. Die Mitglieder stammten zu gleichen Teilen aus Gorma und Rositz, einige kamen auch aus Fichtenhainichen.
Ihre Turnübungen wurden auf einer Wiese hinter der Fleischerei von Julius Schulze (heute Pflichtendorfer Straße Nr. 2) und im Winter im Hannßchen Saal durchgeführt. In Gorma befand sich nicht nur die Wiege des Turnens, auch der erste Fußballverein, der Sportklub „Maiblümchen“, wurde am 6. September 1919 im Gasthof Hannß gegründet. Der dafür notwendige Sportplatz (heutiger Sportplatz Gorma) entstand im Jahr 1921 am nordwestlichen Rand des Tagebaus Germania.
Für die vielen „Neugormaer“ wurde natürlich auch Wohnraum benötigt. So reihten sich an die Bauernhöfe immer mehr neue Arbeiterhäuser. An der Rositzer Straße (heutige Schulstraße), der Verbindungsstraße zwischen Gorma und Rositz, wurde seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts intensiv gebaut. Jahr für Jahr gesellten sich immer neue Häuser hinzu. Die beiden Bergarbeitersiedlungen „Glück-Auf-Gasse“ und „Neugasse“ entstanden als Nebenstraßen. Die neuen Häuser reichten bis zur Gemarkungsgrenze am Rositzer Friedhof.
Dies führte nun auch zu einer räumlichen Verbindung / Vereinigung / Verknüpfung, welche die spätere Zusammenlegung beider Orte rechtfertigte. Am 1. April 1923, nach über 700 Jahren Eigenständigkeit, übernahm die neue Gemeinde Rositz auch die Verwaltung der Altgemeinde Gorma.